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Offener Unterricht: Individuelles und gemeinsames Lernen

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Offener Unterricht: Individuelles und gemeinsames Lernen

Die Sprachstarken | 2. Mai 2022

Für «Die Sprachstarken 1» eignet sich offener Unterricht am besten. Doch was heisst das genau? Erika Brinkmann, fachdidaktische Leiterin des Lehrwerks, und Didaktik-Experte Hans Brügelmann erklären, warum das so wichtig ist und wie das funktioniert.

Es gibt zwei gewichtige Gründe, warum sich der Anfangsunterricht im Lesen und Schreiben stärker öffnen muss: Da sind zum einen die immensen Unterschiede in den Schrift- und Lernerfahrungen der Kinder schon vor der Schule, die ein «Lernen auf eigenen Wegen und im eigenen Takt» erfordern. Zum anderen sollen Kinder die Schriftsprache von Beginn weg als ein persönlich und sozial bedeutsames Kommunikationsmittel kennen und nutzen lernen. Schon der Anfangsunterricht muss deshalb viel Raum für freie Lese- und Schreibaktivitäten geben, bei denen die Fragen und Erfahrungen der Kinder Ausgangspunkt individueller und gemeinsamer Arbeit sind.

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Freies Lesen und Schreiben und systematisches Üben, etwa mit der Anlauttabelle, greifen ineinander.

Impulse geben und nehmen

Ein offener Unterricht macht gezielte Aktivitäten der Lehrperson keineswegs überflüssig, ordnet sie allerdings in ein umfassenderes didaktisch-methodisches Konzept ein. In den «Sprachstarken 1» orientieren wir uns an den vier methodischen Bausteinen von Edwin Achermann zur Strukturierung eines offenen Anfangsunterrichts (siehe Abbildung). Zentral ist dabei das Wechselspiel von individuellen und gemeinsamen Aktivitäten: Nur wer lesen und schreiben kann, kann sich auch anderen mitteilen und Neues erfahren. Durch die Texte und Lektüreempfehlungen der anderen bekommen die Kinder Impulse für das eigene Lesen bzw. Schreiben und umgekehrt regen sie die anderen an, wenn sie ihre Texte und Leseerfahrungen in der Gruppe zur Diskussion stellen.

Die Grundidee: Persönlich bedeutsame Lese- und Schreibaktivitäten münden in den gemeinsamen Austausch – und dieser wirkt wieder zurück auf individuelle Vorhaben. Diese Vorstellung einer «elementaren Schriftkultur» versteht sich ausdrücklich als Gegenkonzept zu kleinschrittigen Lehrgängen und zu einer Differenzierung «von oben» über isoliert zu bearbeitende Arbeitsblätter – heute zunehmend angebunden an eng getaktete Tests von Teilleistungen. Auch ein Unterricht, der systematisch Fachstrukturen abzubilden versucht, zum Beispiel mithilfe von silbenanalytischen Modellen, kann sich nicht auf die individuelle Erlebnis- und Erfahrungswelt der einzelnen Kinder beziehen.

Konkretisieren lässt sich unsere Vorstellung von einem «Lernen im Gebrauch» über die vier Bausteine wie folgt:

Der Baustein «Inhaltliche Verständigung / Austausch / Anschlussaktivitäten» im gemeinsamen Unterricht ­umfasst

  • die Planung und Absprache gemeinsamer Themen und individueller Vorhaben
  • das Vorlesen von Literatur und Buch­vorstellungen
  • inhaltsbezogene Gespräche über Texte
  • die Vorstellung von Arbeitsergebnissen (eigene ­Geschichten, Recherchen, Projektberichte usw.)

Auf das selbstständige Lesen und Schreiben werden die Kinder im Baustein «Lehren und lernen im Dialog» vorbereitet. Hier geht es um

  • die Einführung von Methoden, Werkzeugen und Arbeitsformen (zum Beispiel Schreiben mit der Anlauttabelle, ­«Lesekrokodil», Wörter üben)
  • die gemeinsame Erarbeitung von inhaltlichen ­Erklärungen/Regeln, etwa in Rechtschreibgesprächen
  • die Unterstützung einzelner Kinder(-gruppen), die mehr Hilfe brauchen, ­parallel zur selbstständigen Planarbeit der anderen Kinder

Vertieft werden die gemeinsam erarbeiteten Verfahren und Einsichten im Baustein «Selbstständige Arbeit nach Plan». Allein oder mit Partnerinnen und Partnern bearbeiten die Kinder

  • Aufgaben und Übungen aus den Arbeitsheften im eigenen Tempo
  • Aufträge bzw. Vereinbarungen, zum ­Beispiel aus einem individuellen oder ­gemeinsamen Wochenplan
  • eigene Vorhaben oder Beiträge zu gemeinsamen ­Projekten

Die persönliche Lektüre nach Wahl aus einem breiten Buchangebot und das Verfassen eigener Texte zu selbst gewählten Themen in den «Freien Lese- und Schreibzeiten» sind immer eng auf die gemeinsamen Aktivitäten in der Gruppe bezogen: Die Arbeitsergebnisse werden dort ­vorgestellt, besprochen und das weitere Vorgehen geplant.

So greifen von der Lehrperson initiierte und von den Schülerinnen und Schülern selbst bestimmte Aktivitäten ineinander, ebenso freies Lesen und Schreiben und systema­tisches Üben. Auf diese Weise kann jedes Kind seinen nächsten individuellen Schritt machen: lernen auf eigenen Wegen – aber in einem gemeinsamen Unterricht.

klett.ch/die-sprachstarken-1