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Kolumne

Ohne Hilfe ist es kaum zu schaffen

Während sich die einen auf die vielen Feiertage und Schulferien im Frühling und Sommer freuen, blickt ihnen unsere Kolumnistin Marah Rikli mit Respekt entgegen. Denn dann entfällt die Betreuung für ihre Tochter.

Ich liebe den Frühling und den Sommer! Nach den vielen grauen Monaten in Zürich ist diese Jahreszeit jedes Mal ein Fest. Frühlings- und Sommerzeit heisst jedoch auch: viele Tage ohne reguläre Betreuung für unsere siebenjährige Tochter durch die Heilpädagogische Schule und den Hort. Da sind Ostern, Auffahrt, Pfingsten, Frühlingsferien und danach die langen Sommerferien. Auch wenn ich diese Auszeiten für Ronjas* Erholung wichtig finde und mich darauf freue, mit ihr so viel Zeit zu verbringen, so habe ich doch auch jedes Mal grossen Respekt vor den Herausforderungen dieser Wochen.

Denn ganze Tage mit unserer Tochter gestalten sich ganz anders als in vielen Familien: Vom Moment des Aufstehens am Morgen bis zu dem Augenblick, in dem sie ihre Augen am Abend zumacht, liegt meine gesamte Aufmerksamkeit oder die meines Mannes einzig bei ihr. Neben Ronja kann kein Geschirr abgewaschen, kein Telefonat erledigt, kaum ein Gespräch geführt werden. Sie kann sich höchstens fünf Minuten begleitet oder unbegleitet einem Spiel widmen. Will heissen: Wir müssen sie stets beschäftigen. Es braucht unsere Dauerpräsenz.

Zur Autorin

Marah Rikli ist Buchhändlerin, Autorin und Journalistin. Sie hat einen Sohn (16 Jahre) sowie eine Tochter (7 Jahre), die mit einer Entwicklungsstörung auf die Welt kam. Hier schreibt sie über ihr Leben mit einem beeinträchtigten Kind.

Alleine sind schulfreie Tage zwar zu schaffen – doch wir gehen dabei immer wieder stark über unsere Kräfte hinaus. Unsere Ferien verbringen wir auch deshalb oft mit Freundinnen und Verwandten, die uns unterstützen. Mit Menschen, die Ronja einspannen und auch meinem Sohn jene Aufmerksamkeit schenken, die er neben der Schwester braucht. Dazu kommt noch ein anderes Problem: Wir sind beide in Teilzeit berufstätig und haben selbst nicht so viele Ferientage, wie es Schulferien gibt. Deshalb springen meist die Grosseltern ein, zu denen Ronja ein sehr enges und vertrautes Verhältnis hat. Ab und an bezahlen wir für zusätzliche Hilfe eine Mitarbeiterin des Entlastungsdienstes oder den Ferienhort.

Für all diese Unterstützung bin ich dankbar. Doch manchmal frage ich mich, was in ein paar Jahren ist? Wenn die Grosseltern keine Energie mehr für Ronjas Ferienbetreuung haben? Und ob unsere Bekannten immer noch in die Ferien mitkommen, wenn ihre eigenen Kinder schon gross sind, unsere Tochter hingegen noch Betreuung braucht? Wie werden wir in Zukunft unsere Energie einteilen, wenn auch unsere Belastbarkeit abnimmt?

Ich hoffe, dass irgendwann die sogenannte Care-Arbeit, die wir für Ronja leisten, nicht nur mehr gesellschaftliche Anerkennung erfährt, sondern auch finanziell abgegolten wird. So würden wir weniger unter Druck stehen, neben den Herausforderungen, die wir mit einem beeinträchtigten Kind meistern müssen, auch noch für die finanzielle Sicherheit und unsere Altersvorsorge aufzukommen. Denn Familien wie wir können nicht davon ausgehen, dass ihre Kinder irgendwann ausziehen, arbeiten und für sich selbst sorgen. Wir werden ein Leben lang eingespannt bleiben.

* Ronja heisst mit richtigem Namen anders.


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