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Kolumne

Familiendates im Lockdown

Nicole Althaus stellt fest: In Zeiten von Corona können Treffen mit anderen Familien noch mehr als sonst zum explosiven Experiment werden.

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Zur Autorin

Nicole Althaus ist Kolumnistin, Autorin und Chefredaktorin Magazine der NZZ. Sie hat zuvor den Mamablog für Tages­anzeiger.ch lanciert und das Familienmagazin «wir eltern» geleitet und neu positioniert. Nicole Althaus hat zwei ­Töchter im Teenageralter und lebt in der Nähe von Zürich.

Viele Entscheidungen musste man nicht mehr fällen während des Lockdowns: Restaurants waren geschlossen, Feste wurden keine gefeiert, und wer seine Kinder aus pädagogischen Gründen ab und zu von Chats und Games fernhalten wollte, hatte nur wenige Freizeitalternativen wie einen Spaziergang oder ein Gesellschaftsspiel. Dazu kam, dass die Zahl der Kontakte, die man persönlich pflegen durfte, beträchtlich schrumpfte. Deshalb musste ihre Familienkompatibilität auf Herz und Nieren geprüft werden. Glücken konnten regelmässige Treffen nur, wenn sich neben den Vätern oder Müttern auch die Kinder untereinander verstanden. Noch viel deutlicher als sonst wurde in Zeiten von Corona: Stimmt die Chemie irgendwo nicht, können Familiendates zum explosiven Experiment werden.

Andere Erziehungsgrundsätze müssen eine Freundschaft nicht unbedingt gefährden. Ich kann durchaus darüber hinwegsehen, wenn die Kinder des Arbeitskollegen meines Mannes viel mehr dürfen als die meinen. Zum Beispiel nicht zum Essen erscheinen und nachher von Mama ein Sandwich verlangen. Man muss danach zwar zuhause zwei Wochen lang predigen, wir sind nicht bei X und Y, aber Kompromisse gehören nun mal zum Leben. Was meinen Toleranzbogen definitiv überspannte, waren jedoch die Verschwörungstheorien, die diese Kinder beim Gegenbesuch mit fast schon religiösem Wahn predigten. Das fühlte sich ein bisschen an, wie wenn man zwar im eigenen Wohnzimmer, jedoch im falschen Film sitzt. Deshalb trifft mein Mann seinen Arbeitskollegen nun wieder allein an der Bar.

Schlimm werden kann es in allen Zeiten, wenn die Kinder sich ins Herz geschlossen haben und man selbst sofort weiss, dass da ein unüberbrückbarer Grand Canyon liegt zwischen den Eltern der Kindsfreundin und einem selbst. Ist mir vor Jahren einmal passiert. Nachmittage lang sass ich auf dem Spielplatz neben einer strickenden Mutter und suchte vergebens nach Gesprächsstoff, der ausreichend Gemeinsamkeit herzustellen vermochte. Als ich einmal um vier Uhr nachmittags mit einer Flasche Weisswein die Stimmung etwas lockern wollte, packte sie Kind und Knäuel zusammen und verschwand. Mir tat das ehrlich leid. Für meine Tochter.

Mit Sicherheit bei einer einmaligen Sache bleibt das Ganze, wenn die Kinder sich nicht riechen können. Kinder sitzen einfach am längeren Hebel. Sie verwandeln ein Date im Nu in ein Drama, können immer damit rechnen, dass die Eltern im Ernstfall zu ihnen halten, und torpedieren so jede Annäherung der Eltern wie nicht einverstandene potenzielle Schwiegereltern.

Einzig wenn sich die Männer nicht auf Anhieb mögen, lohnt sich die Liebesmüh der Beziehungsarbeit. Männer sind in Freundschaftsdingen viel pragmatischer als Frauen. Viele verbuchen Familiendates schon als Erfolg, wenn die Kinder sich gegenseitig beschäftigen, die Frauen ihr Mitteilungsbedürfnis aneinander abarbeiten und sie in Ruhe abhängen und Bier trinken können. Ohne männliche Kompromissbereitschaft hätte man wohl in den Wochen des Lockdowns keine andere Familie regelmässig treffen können.


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