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Interview
«Ziel ist, Lehrkräfte für MINT-Inhalte zu begeistern»
Die PH Graubünden engagiert sich stark im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) und wurde für ihre Leistungen im Unterrichten dieser Fächer von der ETH ausgezeichnet. Rektor Gian-Paolo Curcio und Lilian Ladner, verantwortlich für die MINT-Förderung, erklären im Interview die Projekte der pädagogischen Hochschule.
- Veröffentlicht:03.05.2021
- Autorin:Yvonne Bugmann
- Bild:zVg
Sie bieten verschiedene Technik-Projekte an, etwa die First Lego League oder die MINT-Camps. Warum engagiert sich die PH Graubünden in diesem Bereich?
Dr. Gian-Paolo Curcio: Mit der MINT-Förderung setzt sich die Pädagogische Hochschule Graubünden zum Ziel, dass angehende wie auch erfahrene Lehrpersonen die neuen Technologien kennen, anwenden und im Unterricht einsetzen können. Dabei werden problemorientierte Aufgaben aus der Lebenswelt der Kinder ins Zentrum gestellt. Die Aufgabenstellung fördert einerseits das Fachwissen und andererseits die sogenannten Future Skills wie beispielsweise Kooperation, Kommunikation, Kreativität und kritisches Denken.
Können Sie etwas mehr zu den einzelnen Projekten erzählen?
Lilian Ladner: Seit 2008 unterstützt die PH Graubünden gemeinsam mit der EMS Schiers und der FH Graubünden das international durchgeführte MINT-Förderprogramm «First Lego League» (FLL). Es führt Kinder und Jugendliche in einer sportlichen Atmosphäre an Wissenschaft und Technologie heran, erleichtert ihnen den Zugang zu naturwissenschaftlichen Fächern und weckt frühzeitig ein Interesse für Ingenieur- oder IT-Berufe. Kinder und Jugendliche werden damit für Wissenschaft und Technologie begeistert, erhalten den Gedanken des Teamgeists vermittelt und dank komplexer Aufgabenstellungen werden sie zu kreativen Lösungen herausgefordert. In diesem Programm wird die Lebenswelt der Kinder einbezogen und das analytische, forschende Denken gefördert.
In der Bündner MINT-Woche (= MINT-Camps GR) begeistern wir in Zusammenarbeit mit diversen Bündner Firmen während einer Woche Studierende und erfahrene Lehrpersonen sowie Kinder und Jugendliche für praktische Tätigkeiten wie Fräsen, Hämmern, Lasern, Programmieren, Konstruieren, Verdrahten oder Löten. Besonders am Konzept ist, dass Studierende der Pädagogischen Hochschule Graubünden und Lernende die Teilnehmenden gemeinsam unterrichten und in diesem Setting das fachliche, fachdidaktische und pädagogische Wissen gegenseitig erweitert wird.
Warum führt die PH Graubünden solche Projekte überhaupt durch?
Curcio: Die anhaltenden und tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft wirken sich auf die Anforderungen und Erwartungen gegenüber der Schule aus. Eine von mehreren Aufgaben der Schule ist es, die Schülerinnen und Schüler auf das Leben in einer hochtechnologisierten Welt vorzubereiten. Informatik kann als Kulturtechnik, wie beispielsweise Sprache oder Mathematik, bezeichnet werden, die bereits heute in vielen Berufen verlangt wird. Diese Entwicklung beeinflusst auch die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen. Mit unseren Projekten schaffen wir verschiedene Lerngelegenheiten für Lehrpersonen, entwickeln ihre fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen weiter und stärken ihre Selbstwirksamkeit.
Wie kommen die Technik-Projekte bei den Schülerinnen und Schülern an, wie bei den Lehrpersonen? Merken Sie Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen?
Ladner: Die ausgeschriebenen Plätze in den i-Camps oder MINT-Camps sind jeweils nach vier bis fünf Minuten ausgebucht und die Warteliste ist entsprechend lang. Die vielen Rückmeldungen und die gemeinsamen Abschlussveranstaltungen am Ende der MINT-Wochen zeigen zufriedene Eltern und Kinder.
Mädchen wie Jungen lassen sich für MINT-Inhalte motivieren. Die beiden Geschlechter unterscheiden sich lediglich in der Art und Weise, wie sie eine problemorientierte Aufgabenstellung angehen. Während die einen die Lernumgebung bis ins Detail analysieren und die Instruktionen detailliert lesen, sammeln die anderen bereits praktische Erfahrungen.
Viele Lehrpersonen auf der Primarstufe sind vielleicht selbst nicht so technikaffin. Was können sie tun, um die Kinder für die technisch-naturwissenschaftlichen Fächer zu motivieren?
Ladner: Mit dem MINTmobil besuchen wir Lehrpersonen und ihre Klassen direkt vor Ort im Kindergarten beziehungsweise im Schulzimmer. Mittels be-greifbarer Informatik überzeugen wir die Lehrpersonen von fächerverbindendem MINT-Unterricht. In einem 1:1-Setting wird die Lehrperson von einer Dozentin unterrichtet, während die Klasse mit einem anderen Dozenten an einem konkreten Projekt arbeitet. Die Lehrpersonen agieren im Anschluss an diese Schulung als Multiplikatoren im Schulhaus und können sich im CAS Pädagogischer ICT-Support oder im CAS Informatik (ein Angebot in Kooperation mit der ETH Zürich) in diesem Bereich spezialisieren. Dieses Beispiel zeigt, dass uns die Weiterbildung der Lehrpersonen am Herzen liegt und wir ihre MINT-Kompetenzen anhand konkreter Aufgabenstellungen sowie vielfältiger Angebote stärken. Ziel ist, den Lehrkräften Erfolgserlebnisse zu ermöglichen, sie für die MINT-Inhalte zu begeistern und ihnen Sicherheit zu vermitteln.
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