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Kompetent intervenieren
Die Hälfte des Schuljahrs ist bald vorbei. Die meisten, die neu in den Lehrberuf gestartet oder quer eingestiegen sind, dürften immer mal wieder vor der Frage stehen: Was tun, wenn eine Schülerin oder ein Schüler den Unterricht stört? Christoph Eichhorn ist Experte für Classroom-Management und weiss Rat.
- Veröffentlicht:16.01.2023
- Autorin:Externer Beitrag
- Bild:iStock.com/pixdeluxe, zVg
Unterrichtsstörungen lassen sich auch nicht vermeiden, wenn wir alles sehr gut machen. Damit sie nicht zum Beziehungsrisiko werden und das Unterrichten nicht noch komplexer wird, finden Sie hier Interventionsleitlinien.
1. Frühzeitig eingreifen
Stört eine Schülerin oder ein Schüler, gilt es, frühzeitig einzugreifen – bevor das Stören lauter und massiver wird und kleine Probleme gross werden.
2. Zügig und ruhig intervenieren
Das hört sich einfach an, ist aber sehr anspruchsvoll. Unterrichten ist stressig, und so wird es schwierig, ruhig zu handeln. Es gelingt auch nicht immer. Das ist ganz normal. Wenn wir ungewollt richtig laut werden und die Schülerin oder den Schüler blossstellen, bietet es sich an, sich zu entschuldigen. Damit wollen wir den entstandenen Ärger abbauen und verhindern, dass das Verhältnis Schaden nimmt.
3. a) Blickkontakt aufnehmen
Blickkontakt zur Person aufnehmen, die stört. Damit signalisieren wir: Ich sehe, dass du dich unangemessen verhältst. Hör bitte damit auf.
3. b) Nonverbal intervenieren
Kindern in den unteren Klassen zum Beispiel mit Signalkarten zu verstehen geben, was sie tun sollen – bei älteren Schülerinnen und Schülern mit eindeutigen Gesten.
4. Wenn das nicht reicht: Nähe herstellen
Sich diskret in die Nähe der oder des Störenden begeben. Dabei parallel weiter unterrichten und immer wieder Blickkontakt aufnehmen. Sie oder er soll merken, dass wir das Verhalten nicht billigen. Oftmals reicht diese Massnahme bereits aus, um weitere Störungen zu unterbinden.
5. Diskret intervenieren
Stört das Kind weiterhin, gehen wir direkt zu ihm hin und schauen es an. Wir flüstern ihm zu, was zu tun ist.
6. So schnell wie möglich weiter unterrichten
Indem wir den Unterricht nach der Intervention sofort fortsetzen, verhindern wir, eine Störung ungewollt aufzubauschen.
7. Darauf achten, ob die Anweisung befolgt wird
Wenn Störende spüren, dass wir uns nicht darum kümmern, ob sie unseren Anweisungen nachkommen, werden sie diese zukünftig weniger befolgen. Das ist ihnen natürlich nicht bewusst, dennoch reagieren viele so.
Zum Autor
Der Diplom-Psychologe Christoph Eichhorn arbeitete viele Jahre im Schulpsychologischen Dienst Graubünden. Dadurch stiess er auf das amerikanische Classroom-Management. Er etablierte diesen Ansatz im deutschsprachigen Raum und hat mehrere Bücher dazu verfasst. «Classroom-Management: Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten» ist inzwischen ein Standardwerk.
Christoph Eichhorn ist Lehrbeauftragter für Classroom-Management an Universitäten und PHs sowie in der Fortbildung von Lehrpersonen, und er berät Schulen zu diesem Thema.
8. Zeitnah Anerkennung und Wertschätzung geben
Würdigen wir zeitnah, dass die Schülerin oder der Schüler die Anweisung befolgt, fördern wir angemessenes Verhalten.
9. Ein Einzelgespräch führen
Falls die Schülerin oder der Schüler am gleichen Tag immer wieder stört, kann sie oder er vielleicht nicht anders. Dann führen wir in den nächsten Tagen ein Einzelgespräch, um der Sache auf den Grund zu gehen.
10. Was wir vermeiden sollten
Wir sollten die Störenden nicht ermahnen, indem wir ihnen aus grosser Entfernung zurufen. Unsere Intervention kommt kaum an, wenn wir nicht in ihrer Nähe sind. Es besteht zusätzlich das Risiko, dass dieses Vorgehen als beleidigend erlebt wird. Sollte das passieren, empfiehlt es sich, auf die Schülerin oder den Schüler zuzugehen und sich zu entschuldigen.
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