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«Künstliche Intelligenz bietet sehr viele Chancen»

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«Künstliche Intelligenz bietet sehr viele Chancen»

Digitalisierung | 2. Mai 2022

Chatbots, Roboter oder Maschinen, die Röntgenbilder lesen oder auch personalisierte Lerninhalte empfehlen: Künstliche Intelligenz ist weit verbreitet. Doch was versteht man genau darunter, und wie kann sie in Schulen eingesetzt ­werden? Wir haben bei einer Expertin nachgefragt: Sonja Heim von Taskbase, einem Edtech-Spezialisten.

Frau Heim, was versteht man eigentlich unter Künstlicher Intelligenz?

Sonja Heim: Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Überbegriff dafür, wie Maschinen menschenähnliches Verhalten erlernen und ausführen können. Ein Teilgebiet von KI ist machine learning, welches sich ausschliesslich mit dem Prozess des Erlernens von intelligentem Verhalten befasst. Basierend auf Algorithmen lernt die Maschine aus Erfahrungswerten. Sie erhält also quasi eine Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Anweisungen und Regeln, wie sie ein Problem lösen kann. Ein Untergebiet des maschinellen Lernens ist das deep learning. Inspiriert vom menschlichen Gehirn wird versucht, mit neuralen Netzwerken intelligentes Verhalten zu erreichen. Dabei lernt die Maschine ständig dazu und wird immer intelligenter. Oder anders gesagt: Man versucht, Maschinen mit Beispielen dazu zu bringen, menschliches Verhalten und Denken zu imitieren, um Probleme zu lösen, uns zu unterstützen und zu entlasten.

Zur Person

Sonja Heim ist Customer Success & Operations Manager bei Taskbase. Das Edtech-­Start-up ist auf personalisiertes Feedback spezialisiert und bietet KI-basierte Lösungen für digitale Lernwelten an.

Für welche Bereiche ist KI geeignet?

Es ist einfacher zu sagen, wofür sie nicht geeignet ist (lacht). Künstliche Intelligenz soll die Menschen unterstützen, daher ist sie beinahe überall einsetzbar. Wichtig ist, ethische Aspekte zu berücksichtigen. Künstliche Intelligenz löst Ängste aus, da häufig nicht nachvollziehbar ist, was sie macht und warum. Im Bildungsmarkt beispielsweise gibt es sehr viel adaptive learning, aber es gibt wenig Transparenz, woher die Daten kommen und was mit ihnen geschieht. Daher ist ein Monitoring seitens der KI-basierten Produktanbieter essenziell, um sicherzustellen, dass die Maschine das Richtige lernt. Wichtig ist auch der Datenschutz. Daten sind sehr wertvoll und besitzen eine Macht, daher muss man sie sorgfältig behandeln. Eine verlässliche Qualitätssicherung sollte daher zwingend gegeben sein.

In welchen Bereichen sind die intelligenten ­Maschinen schon im Einsatz?

KI ist weit verbreitet: In der Gesundheitsbranche etwa werden Röntgenbilder von Maschinen analysiert, um Tumoren ausfindig zu machen. Auch arbeiten Spracherkennungsassistenten, die automatisiert Untertitel generieren, mit KI. Die digitale Welt kennt unsere Vorlieben und unser Verhalten vielleicht besser als Menschen aus unserem Umfeld. Das sieht man zum Beispiel, wenn wir die Google-Suche benutzen: Wenn ich etwas suche, bekomme ich andere Resultate als Sie, auch wenn Sie die gleichen Begriffe eingeben. Und im Customer Support sind vielerorts bereits Chatbots im Einsatz. Diese können sehr hilfreich sein – wenn sie gut programmiert sind.

Wie lässt sich Künstliche Intelligenz in der Schule einsetzen?

Schulen sind auf dem Vormarsch, was die Digitalisierung angeht. Sie ist aber auch eine Herausforderung. Jetzt sind die «digital natives» in der Schule, die vielleicht besser mit dem Tablet umgehen können als die Lehrperson. Zudem verändert die Digitalisierung die Schulabläufe, da digitale Lehrmittel oder Lernwelten den Alltag ergänzen. Künstliche Intelligenz kann Lehrpersonen vor allem bei Fleissarbeit unterstützen, zum Beispiel beim Auswerten von Antworten oder Korrigieren von Prüfungen. So bietet die KI sehr viele Chancen. Und die Lehrperson hat mehr Zeit, sich auf die pädagogischen Kompetenzen zu fokussieren.

Gibt eine Maschine den Schülerinnen und Schülern personalisiertes Feedback und empfiehlt passende Lerninhalte, kann das die Kinder und Jugendlichen weiterbringen. Die zentrale Rolle der Lehrperson verliert jedoch nicht an Bedeutung, denn der pädagogische Aspekt ist enorm wichtig.

Wo hätten Sie persönlich gerne mehr Unterstützung durch KI?

Bei Alltagsentscheidungen, zum Beispiel wenn ich vor dem Regal mit den Chips stehe, hätte ich gerne eine KI, die mir sagt, welche Chips ich gerade will/brauche (lacht). Oder mir generell vorschlägt, was ich essen soll. Ich mag den Einsatz von KIs, die mir Tipps und Empfehlungen geben und den Alltag erleichtern.

Was kann der Mensch besser als die Künstliche ­Intelligenz?

Eine KI kann sehr rasch mehr Wissen besitzen als ein Mensch. Der Mensch hingegen ist emotional und intuitiv, Künstliche Intelligenz kann Emotionen nicht deuten, sondern sie höchstens auswendig lernen.

Ein letztes Wort zur Künstlichen Intelligenz?

Künstliche Intelligenz optimiert unseren Alltag jetzt schon mehr, als uns oft bewusst ist. Wir können davon profitieren und sie als Chance betrachten. Eine gesunde Skepsis ist verständlich, Angst müssen wir aber nicht haben. Sie soll kein Ersatz für uns Menschen, sondern eine Ergänzung sein.